Um die Geburt ranken sich viele Ängste und Unsicherheiten. Bei Geburt während Corona vervielfachen sich diese Sorgen exponentiell.
Anlässlich der Blogparade von Katharina Tolle von ichgebaere.com zum #RosesRevolutionDay wollen wir uns nun also ansehen, welchen Einfluss die Pandemie auf Geburten hat oder hatte.
Darf der Vater meines Kindes bei der Geburt dabei sein?
Muss ich während der Geburt Maske tragen?
Werden mein Kind und ich getrennt, sollte ich positiv sein?
Wird die Geburt anders verlaufen, wenn mein Test positiv ist?
Diese und andere Fragen haben Schwangere bezüglich der Geburt während Corona beschäftigt. Das Interesse an Hausgeburten wuchs ebenfalls sprunghaft an, da viele Frauen sich der Situation im Krankenhaus nicht aussetzen wollten.
Planbarkeit gibt es 2020 nicht.
Wir können uns nur bemühen, die Türen für das bestmögliche Ergebnis offen zu halten.
Im Krankenhaus sind wir vergleichsweise abhängig vom Wohlwollen und der Kompetenz der Anwesenden, was unser Geburtserlebnis und die daraus resultierenden psychischen und gesundheitlichen Folgen betrifft, im Guten wie im Schlechten. Darum ist es besonders zu so unsicheren Zeiten wichtig, sich möglichst umfassend über die Abläufe, Regelungen und Möglichkeiten zu informieren, idealerweise bei verschiedenen Einrichtungen.
Die Unterschiede können gravierend sein.
Erst vor wenigen Wochen habe ich für eine hochschwangere Freundin Geburtsstationen abzutelefonieren. Es ging darum herauszufinden, ob bei positivem PCR-Test tatsächlich prophylaktisch ein Kaiserschnitt durchgeführt werden würde, wie ein Gerücht glauben ließ.
Ich war sehr erfreut zu hören, dass in einem der Krankenhäuser bei positivem Test eine 1:1-Betreuung möglich gemacht wurde, ohne den Geburtsverlauf irgendwie zu beeinflussen.
Das ist tatschlich die allerbestmöglichste Option, wie ich finde, da 1:1-Betreuung vielen Komplikationen vorbeugt und die Situation entspannen kann.
Die Hebamme ist dann voll auf die gebärende Frau eingestimmt. Die gebärende Frau kann sich (hoffentlich) darauf verlassen, dass sie jemanden hat, der ihr Halt und Hilfe sein kann.
Auch in den anderen Einrichtungen war nirgendwo die Rede von Kaiserschnitten bei positiven PCR-Tests.
Nur eine Klinik, von der ich zuvor schon schlechtes gehört hatte, fiel leider negativ auf. Erstens war es eher schwierig, eine Auskunft zu bekommen, da es immer hieß, das müsse dann in der Situation mit den behandelnden Ärzt*innen besprochen werden.
Wer schon geboren hat, oder bei einer Geburt dabei war, kann sich sicher gut vorstellen, wie wahrscheinlich es ist, in dieser Situation konstruktive Diskussionen zu führen und Anliegen durchzusetzen.
Viel schlimmer allerdings war dann die Auskunft der Oberärztin.
Wenn die Geburt sehr lange dauerte, würde man bei positivem Test ab einer gewissen Geburts-Dauer Kaiserschnitte durchführen.
Um das Ansteckungsrisiko für das Personal der nächsten Schicht zu reduzieren.
Ist das nicht haarsträubend?!
Frauen werden aufgeschnitten, Kinder werden herausoperiert, mit allen damit verbundenen Risiken, weil dieses Krankenhaus nicht in der Lage ist, sein Personal anderweitig vor Ansteckung zu schützen?!
Ich spreche hier nicht von März! Diese Auskünfte habe ich Mitte Oktober eingeholt, also vor knapp einem Monat!
Da ich nun schon dabei war, die oberösterreichischen Krankenhäuser abzutelefonieren, wollte ich auch in Wien nachfragen, wo es im Frühjahr die entsetzliche Anweisung des KAV gab, positiv getestete Mütter nach schnellem Abnabeln sofort von den Kindern zu trennen und Mutter und Kind 14 Tage voneinander zu isolieren, um das Kind zu schützen.
Diese Richtlinie widersprach von vornherein jeder Evidenz.
Ich muss gerade wirklich an mich halten, um nicht wieder Gift und Galle zu spucken.
Einen Hinweis zum Abnabeln erlaube ich mir.
Wenn ein Kind im Mutterleib ist, wird es über die Nabelschnur mit genau dem Blut versorgt, das ihm nach der Geburt durchschnelles Abnabeln vorenthalten wird. Dieses Blut macht etwa ein Drittel seines gesamten Blutvolumens aus, weswegen man sagen kann, dass die Gesundheit des Kindes durch diese Maßnahme massiv beeinträchtigt wird.
Zitat aus einem Artikel, kurz nachdem die Empfehlungen bekannt wurden:
„Dabei sind die Verläufe in der Regel ja mild, das sind ja keine Risikogruppe. Da werden Dinge getan, einfach aus Übervorsicht, aus Angst, aus Überkorrektheit, wo der Schaden den Nutzen um ein Vielfaches übersteigt. Und das Schlimmste ist, es gibt auch Fälle, wo die Mutter nur unter Verdacht stand und trotzdem wurde ihr das neugeborene Baby weggenommen und sie konnte es 14 Tage nicht sehen.“
– Psychologin Judith Raunig, https://www.initiative-corona.info/
Wenn ich mir nun vorstelle, dass Frauen und Kinder hier einfach das Pech hatten, dass der Termin eben blöderweise so gefallen ist, dass die Geburt während Corona-Anfängen stattfand, dann wird mir ganz weh.
Auf Verdacht vom eigenen Kind getrennt zu werden, ohne jegliche Evidenz, mit Widerspruch der WHO, einfach nur, weil es bei uns schick und rechtlich sicherer ist, mehr zu tun, als wenig, und dann auch noch zwei Wochen, mit wahrscheinlich ruinierter Stillbeziehung – dieses Leid will ich mir nicht vorstellen.
Ich erinnere mich allzu gut, wie ich ungeplant und ungewollt im Krankenhaus geboren habe, versuchend, das beste daraus zu machen. Und wie mein Kind, weil es zwei Tage früher aus mir geprügelt wurde, als die Frist eine Normalgeburt nennt, als Frühgeburt behandelt wurde, mit täglichen Blutabnahmen, vom Monitor mit den ständigen Fehlalarmen ganz zu schweigen. Wie dann eine Gelbsucht festgestellt wurde, die „eh nur knapp über dem Wert war, wir reagieren eh sehr sehr früh“, und mir absolut klar war, dass die Behandlung zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig gewesen wäre.
Und ich einfach nicht über meine Rechte aufgeklärt war.
Ich wusste nicht, dass ich einen Revers unterschreiben darf, und dass das keine rechtlichen Konsequenzen hat. Auch nicht, dass ich das gleiche für mein Kind tun darf.
Stattdessen musste ich darum kämpfen, dass meinem Kind keine Pulvermilch gegeben wird, während es unter der Lampe liegt. Ich wusste damals auch nichts von Saugverwirrung, die wir uns dadurch eingehandelt hatten, dass ich den faulen Kompromiss des Abpumpens einging.
Bis zum Ende der Stillbeziehung war das Stillen meines Großen für mich unangenehm, trotz Stillberatung. Auch, wenn die grässlichen Schmerzen nach etwa drei Monaten glücklicherweise nachließen.
„Wenn Sie darauf bestehen selbst zu stillen, dann wird es länger dauern, bis die Behandlung abgeschlossen ist. Und ich muss Sie dann immer holen, wenn er Hunger hat.“
Mir wäre das egal gewesen, aber die Trulla wollte nicht, und ich war von der Oxytocin-Flut extrem harmoniebedürftig.
Es hat mein Herz gebrochen, mein kleines süßes Mini-Baby, das so kurz davor noch in mir drin war, nun so weit weg lassen zu müssen und zu wissen, dass es ihm dort nicht so gut geht, wie an meiner Brust.
Solange ich konnte, saß ich am Stuhl neben dem Bettchen, und hatte meine Hand an ihm. Aber ich war noch erschöpft von der Geburt und war so dämlich verunsichert, dass ich mich nicht einmal traute, die Seite an diesem blöden Bettchen herunterzuklappen. Der Körperkontakt wäre für mich dann um ein Vielfaches leichter und für mich schmerzfreier möglich gewesen.
Nicht, dass jemand darauf gekommen wäre mir zu zeigen, wie das geht. Und dass ich ein Bett oder eine Liege neben seinem verlangen könnte, auf die Idee kam ich schon gar nicht.
Es war schrecklich für mich, mein Kind da so allein liegen zu sehen, in kaltem weißem Licht. Ohne Körperkontakt, nur zwischen Maschinen, an die es angeschlossen war.
Mit den kleinen Beinchen, die aus einer großen weißen Windel ragten, deren Fersen blau gestochen waren von den ständigen Blutabnahmen, die uns den Mist eingebrockt hatten.
Noch schlimmer war es dann mit dem Kopfverband, nach einer Blutabnahme, bei der mir beschwichtigend und doch irgendwie eindringlich von Anwesenheit abgeraten wurde.
Den Schreien nach zu urteilen wurde mein Kind währenddessen von mehreren Leuten niedergehalten.
Ich habe mich so betrogen gefühlt. Man hat mir verwehrt, meinem Kind in diesem Moment beizustehen.
Und dann stelle ich mir vor, dass Frauen und Kindern auf Verdacht noch viel Schlimmeres angetan wurde.
Ich sage nicht, dass irgendjemand hier eine böse Absicht verfolgt hat. Weder in meinem noch in den anderen Fällen. Ich weiß, anfangs war man sich nicht sicher, wie man Geburt während Corona sicher gestalten könne. Aber ich glaube, dass hier, wie so oft in dieser Krise, die falschen zu Rate gezogen wurden.
Aber das ändert nichts an den Wunden, die dadurch gerissen werden.
Eine Oberärztin in Wien meinte auf meine Frage dazu, dass es diese Empfehlung zur Geburt während Corona gegeben hatte, es bei ihnen allerdings – und darüber wäre sie sehr erleichtert – keine positiven Fälle gegeben hätte, während die Richtlinie in Kraft war.
Für derartige Einschränkungen, genauso wie für den Ausschluss von Vätern sowie die Vorschreibung von Masken während der Geburt, gab es glücklicherweise raschen, massiven Gegenwind.
So konnte man den Schaden wenigstens eindämmen. Hierbei ist auch noch anzumerken, dass vorbildlicherweise nicht jedes Krankenhaus die Anweisungen befolgt hat.
Da es schon im Mutterleib zu Ansteckung kommen kann, wie im Juli bestätigt wurde, waren diese Maßnahmen eindeutig kontraprodutkiv.
Man muss sogar sagen, dass sie geschadet haben, weil durch die schwere Traumatisierung von Müttern und Kindern, der erschwerten oder verunmöglichten Stillbeziehung, und dem Verlust des prägenden Körperkontaktes in den ersten Wochen die Resilienz und das Immunsystem der Kinder langfristig, nachhaltig und massiv geschädigt wurden.
Besonders zum Stillen wissen wir doch von vielen Krankheiten, dass die Antikörper der Mutter das Kind zusätzlich schützen.
Mit Glück, Intuition, Feingefühl oder auch Wissen kann man diese durch Geburt während Corona geschädigten Familien unterstützen, mit diesen Erlebnissen zurechtzukommen und sie zu verarbeiten. Aber nicht jede*r Betroffene wird Zugang zu tatsächlich hilfreicher Unterstützung haben.
(Anzumerken wären hier bspw. die Heilbäder nach Brigitte Meissner)
Um nach soviel Negativität rund um Geburt während Corona nun etwas Gutes folgen zu lassen – auch das wissen wir eigentlich schon lange:
In puncto Erholung nach der Geburt konnte festgestellt werden, dass das Besuchsverbot auch sehr positive Effekte hatte.
Es gab kaum mehr Brustentzündungen!
Vielleicht können wir uns davon etwas für die Zukunft mitnehmen?
Väter sind mit dabei, Besucher kommen erst nach 2-3 Wochen?
Mir hat es beim zweiten Kind jedenfalls sehr gut getan, im allerengsten Kreis zu sein.
Und dann muss auch gesagt werden, dass es viele Frauen gab, deren Geburt während Corona gut verlief.
Bei denen der Vater dabei war, die keine Maske tragen mussten, oder sie irgendwann einfach abgenommen haben. Und die so gebären konnten, wie sie das wollten.
Selbstbestimmte oder gar interventionsfreie Geburten sind zwar leider nach wie vor in der deutlichen Unterzahl, aber gut Ding braucht meist Weile.
Es bewegt sich.
Unterstütze auch du mit einer einmaligen Spende oder fortlaufenden Patenschaft! (z.B. an paypal.me/Entfaltungsraum)
.
Neueste Artikel von Mira Morgentau (alle ansehen)
- Körper im Burnout – Gastartikel von Kati Bauer zu Nebennierenschwäche - 10. Februar 2021
- Sabines Sohn starb mit 13 Jahren – Was hat das verändert? - 4. Dezember 2020
- Sieben Frauen teilen Corona-Geburtsbericht – Wie war’s? - 25. November 2020
Liebe Mira, danke dir von Herzen für deinen Beitrag! Du sprichst mir aus der Seele: Gewalt hat viele Facetten und nicht zu erfahren, was die Optionen sind, ist definitiv eine davon. Ich wünsche mir, dass deine Beobachtung sich langfristig bestätigt und wir auf dem Weg zu einer selbstbestimmten Geburt als Normalfall.
Herzliche Grüße, Katharina
Danke für dein liebes Feedback, Katharina!
Ja, es bleibt zu hoffen.
Die steigenden Hausgeburtszahlen sprechen jedenfalls eine eindeutige Sprache <3
Alles Liebe!
Ich habe auch das Gefühl, dass Hausgeburten aktuell mehr werden. Ich selbst habe vor 2 Wochen zuhause mein 4. Kind geboren. Allerdings hatte ich sowieso eine Hausgeburt geplant. Mein 3. Kind kam schon ohne Klinik zur Welt. In meinem Geburtsvorbereitungskurs hatte. Tatsächlich 8 von 9 Schwangeren eine Hausgeburt geplant und 7 haben tatsächlich zuhause entbunden.
Auf quag.de sieht man, dass der Trend seit Jahren zunimmt, obwohl die Hebammen es inzwischen so schwer haben und die Haftpflichtversicherungen so unglaublich hoch sind 🙂